Statement zur Verhaftung eines ehemaligen Gemeindemitglieds in Kenia wegen sexuellem Missbrauch

Liebe Gemeinde,

wahrscheinlich haben Sie in diesen Tagen im SWR, der Presse oder im Internet gesehen oder gelesen, dass ein 62 Jahre alter Mann aus unserem Heilbronner Stadtteil Sontheim in Kenia verhaftet wurde. Dabei handelt es sich um einen ehemaligen Oberministranten unserer Kirchengemeinde. Es wird ihm dort sexueller Missbrauch und Nötigung von Jugendlichen in mehreren Fällen und über einen längeren Zeitraum hinweg vorgeworfen.

In diesem Zusammenhang wird auch über mindestens zwei Fälle sexuellen Missbrauchs durch ihn in den frühen 80er Jahren hier in St. Martinus während seiner Zeit als Oberministrant berichtet. Dem Kirchengemeinderat sind diese Vorfälle seit 2016 bekannt durch die Kommission sexueller Missbrauch unserer Diözese.

Diese Informationen haben uns 2016 erschüttert und sehr bewegt, so wie sie es auch heute tun. Im Kirchengemeinderat machen wir uns Beratungen und Beschlüsse dazu nicht leicht. Wir haben beide Opfer aus unserer Kirchengemeinde 2016 in einem persönlichen Brief für die leidvollen Erfahrungen, die sie hier in ihrer Heimatgemeinde machen mussten, um Verzeihung gebeten, soweit das überhaupt möglich ist.
Wir haben die Informationen zu diesen Vorfällen vor fast 40 Jahren 2016 außerdem zum Anlass genommen, unser finanzielles Engagement als Kirchengemeinde für Projekte unseres ehemaligen Gemeindemitglieds in Kenia eingehend zu überprüfen, und haben dieses Engagement daraufhin eingestellt. Das Kindermissionswerk Aachen sowie die anderen Kirchengemeinden im Umkreis, die ebenfalls Spenden für diese Projekte gesammelt haben, wurden damals von uns über unseren Rückzug informiert.

Die bekannt gewordenen Vorfälle sexuellen Missbrauchs in den 80er Jahren haben wir 2016 auf Empfehlung unserer Diözese in der Öffentlichkeit nicht thematisiert. Hintergrund für diese Entscheidung war auch, dass Opfer, die zu schützen sind, aus unserer Kirchengemeinde stammen und hier noch Familie hatten und haben. Die Vorfälle in den 80er Jahren waren damals bereits strafrechtlich verjährt. Späterer sexueller Missbrauch in Kenia konnte wohl befürchtet werden. Äußerungen dazu wären aber reine Spekulation gewesen, die sich jetzt allerdings als traurige Gewissheit herauszustellen scheint.

Was wir als Kirchengemeinde für die Opfer in Kenia tun können, werden wir sicher in naher Zukunft beraten und Sie darüber informieren.